Klebsiella pneumoniae

ErscheinungsbildBearbeiten

Die Zellen von Klebsiella pneumoniae erscheinen im lichtmikroskopischen Bild als kurze Stäbchen mit einer Länge von 1–2 µm und einer Breite von 0,5–0,8 µm. Sie liegen einzeln oder in Paaren vor und sind von einer Schleimkapsel (Glykokalyx) umgeben. In der Gram-Färbung werden sie rosa bis rot angefärbt, sie sind gramnegativ. Wie für die Gattung Klebsiella typisch, sind sie nicht aktiv beweglich (motil), besitzen also keine Flagellen (Geißeln). Die Zelloberfläche ist jedoch mit Fimbrien besetzt. Auf einem Nährboden gewachsene Bakterienkolonien weisen keine besondere Färbung auf, sie sind konvex erhaben, in der Aufsicht rund und mit einem Durchmesser von 3–4 mm eher groß, typisch ist ihr schleimiges Aussehen. Dieses wird durch die Anhäufung extrazellulärer Polysaccharide verursacht, die zusammen mit dem vorhandenen Wasser einen Biofilm bilden.

Wachstum und StoffwechselBearbeiten

Kolonien von Klebsiella pneumoniae (rechte Hälfte) und Escherichia coli auf MacConkey-Agar, sie sind durch den Lactose-Abbau jeweils rosa gefärbt, wobei die Kolonien von K. pneumoniae schleimig aussehen.

Wie bei den Vertretern der Enterobacteriaceae üblich, verlaufen der Katalase-Test positiv und der Oxidase-Test negativ. Klebsiella pneumoniae ist fakultativ anaerob, d. h. sie kann mit oder ohne Sauerstoff wachsen. Sie ist in der Lage, das Disaccharid Lactose zu verwerten. Weitere Informationen sind im Abschnitt Biochemische Nachweise zu finden.

Außerdem gehört sie zu den stickstofffixierenden Mikroorganismen, sie kann elementaren, molekularen Stickstoff (N2) zu Ammoniak (NH3) bzw. Ammonium (NH4+) reduzieren und damit biologisch verfügbar machen. Dies erfolgt mit Hilfe des Enzymkomplexes Nitrogenase in einem anoxischen Milieu, da der Enzymkomplex durch Sauerstoff inaktiviert wird. Klebsiella pneumoniae ist diazotroph, kann also mit N2 als Stickstoffquelle wachsen, um daraus zelleigene Stoffe wie Aminosäuren aufzubauen.

Für die Kultivierung sind einfache Nährmedien geeignet, beispielsweise Casein-Soja-Pepton-Agar (CASO-Agar), auch auf Columbia-Blutagar lassen sich die Bakterien anzüchten. Häufig werden Selektivnährmedien verwendet, die zur Isolierung und Unterscheidung von Vertretern der Enterobakterien geeignet sind, beispielsweise MacConkey-Agar und Eosin-Methylen-Blau-Agar (EMB), die beide Lactose enthalten. Für eine weitere Selektion wird ein Nährmedium empfohlen, das als Kohlenstoffquelle (organische Verbindung zur Energiegewinnung) nur Citrat und Inositol enthält, es basiert auf dem Simmons Citrat-Agar mit einem Zusatz von 1 % Inositol. Klebsiella pneumoniae ist mesophil, optimales Wachstum erfolgt bei einer Temperatur von 30–37 °C, nach Inkubation über ein bis zwei Tage sind Kolonien sichtbar. Wachstum erfolgt auch noch bei 41 °C, nicht jedoch bei 5 °C. Bakterienstämme, die aus medizinischem Untersuchungsmaterial isoliert wurden, wachsen meist optimal bei 37 °C, jedoch verlaufen verschiedene Nachweisreaktionen zur Identifizierung besser bei einer Inkubationstemperatur von 30 °C.

ChemotaxonomieBearbeiten

Bestandteile der Bakterienzelle wirken als Antigene, bei Klebsiella sind dies 77 verschiedene K-Antigene (K verweist auf die Kapsel), sowie 9 somatische O-Antigene. Von diagnostischer Bedeutung sind die K-Antigene, durch serologische Untersuchung lassen sich die verschiedenen Serotypen unterscheiden, was u. a. bei der Aufklärung von epidemiologischen Zusammenhängen angewandt wird. Es gibt jedoch ebenfalls ein ELISA-Verfahren zum Nachweis der O-Antigene. Die Bestimmung kann auch mit Hilfe genetischer Untersuchungen erfolgen.

GenetikBearbeiten

Der GC-Gehalt, also der Anteil der Nukleinbasen Guanin und Cytosin in der Bakterien-DNA, liegt beim Bakterienstamm DSM 30104 (aus der Stammsammlung DSM Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen) bei 57,0 Molprozent. DSM 30104 ist der Typusstamm der Subspezies Klebsiella pneumoniae subsp. pneumoniae und damit auch der Spezies, er wurde aus menschlichem Blut isoliert. Das Genom wurde im Jahr 2012 vollständig sequenziert.

Es liegt als ringförmigen Bakterienchromosom vor und weist eine Größe von 5.512 Kilobasenpaaren (kb) auf, was in etwa mit der Genomgröße von Escherichia coli vergleichbar ist. Es sind 5.425 codierende Gene vorhanden, außerdem wurden 77 tRNAs identifiziert. Die Gene wurden mit der Antibiotic Resistance Genes Database (ARDB, Antibiotikaresistenz-Gendatenbank) verglichen, es konnten 15 Gene identifiziert werden, die eine Resistenz vermitteln, u. a. für eine Klasse A Beta-Lactamase und eine Effluxpumpe. Zehn weitere Gene codieren für Genprodukte, die die β-Lactamase-Fähigkeiten des Bakteriums erweitern, darunter das als ampC bezeichnete Gen, welches für das als AmpC-Beta-Lactamase (in diesem Fall eine Cephalosporinase) bezeichnete Enzym codiert und das als gloB bezeichnete Gen, welches für eine als Metallo-β-Lactamase (in diesem Fall eine Carbapenemase) bezeichnete Enzym codiert. Seitdem wurden über 4.200 Genome (bezogen auf das zirkuläre Bakterienchromosom) dieser Spezies sequenziert, außerdem 913 Annotationen von Plasmiden durchgeführt (Stand 2018).

Plasmide tragen häufig die genetische Information für eine Antibiotikaresistenz (siehe unten) des Bakteriums, die Genprodukte sind Enzyme, die eine bestimmte chemische Struktur eines Antibiotikums verändern und dadurch die Wirkung des Arzneistoffes verhindern. Bei Klebsiella pneumoniae sind dies plasmidcodierte Beta-Lactamasen, wie die SHV-1, TEM-1, TEM-2 oder weitere ESBL (Extended Spectrum β-Lactamasen).Seit Beginn des 21. Jahrhunderts beobachtet man auch Resistenzen gegen Carbapeneme, verursacht durch Carbapenemasen (carbapenem-hydrolyzing beta-lactamase), die nach dem produzierenden Bakterium als KPC (Klebsiella pneumoniae Carbapenemasen) bezeichnet werden, verschiedene Varianten werden KPC-1, KPC-2 oder KPC-3 genannt. Die Besonderheit von Plasmiden ist, dass sie durch horizontalen Gentransfer zwischen verschiedenen Bakterienarten ausgetauscht werden und somit die Antibiotikaresistenz „übertragen“ wird. Ein klinischer Fallbericht der Übertragung eines Plasmids mit dem Resistenzgen blaKPC-3 von K. pneumoniae auf K. aerogenes ist dort im Artikel beschrieben.

Die Untersuchung der Nukleotidsequenz einzelner Gene ergab, dass die Art Klebsiella pneumoniae eine große Diversität aufweist. Weitere genetische Untersuchungen, beispielsweise eine Abwandlung des PCR-Verfahrens mit zufällig vervielfältigter polymorpher DNA (RAPD), bestätigen das Vorkommen von drei unterschiedlichen phylogenetischen Gruppen, die als KpI, KpII und KpIII bezeichnet werden. Sie sind nicht mit den drei Subspezies identisch. Weiterführende genetische Untersuchungen in den letzten Jahren, wie Sequenzierung der 16S ribosomalen RNA (rRNA) und Multi-Locus Sequenzanalyse (MLSA) bestimmter Gene haben dazu geführt, die Vertreter der Gruppe KpII als Klebsiella quasipneumoniae zu klassifizieren bzw. die Stämme der phylogenetischen Gruppe KpIII als Klebsiella variicola.

PathogenitätBearbeiten

Die drei Subspezies von K. pneumoniae werden durch die Biostoffverordnung in Verbindung mit der TRBA (Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe) 466 der Risikogruppe 2 zugeordnet. Bei K. pneumoniae subsp. pneumoniae und K. pneumoniae subsp. rhinoscleromatis findet sich außerdem die Bemerkung ht, sie zeigt an, dass das Bakterium pathogen für Mensch und Wirbeltiere ist, jedoch in der Regel keine Übertragung zwischen beiden Wirtsgruppen erfolgt.

K. pneumoniae verfügt über mehrere Virulenzfaktoren. Die Kapsel (Glykokalyx) schützt vor Phagozytose durch die Phagozyten, Zellen des Immunsystems. Dabei stört sie das an der Abwehr von Mikroorganismen beteiligte Komplementsystem, indem dessen Aktivierung oder die Aufnahme bereits freigesetzter Polypeptide, wie C3b verhindert wird. Adhäsine ermöglichen das Anheften an die Wirtszellen. Einige Adhäsine von K. pneumoniae wirken gleichzeitig als Hämagglutinine und sind den Fimbrien (Pili) zuzuordnen. Die Typ-1-Fimbrien führen bei Erythrozyten von Meerschweinchen zu einer sichtbaren Verklumpung (Agglutination), sie heften sich an humane Epithelzellen des Darms oder Epithelzellen der ableitenden Harnwege. K. pneumoniae-Isolate aus medizinischen Proben bilden mehr Typ-1-Fimbrien aus als Isolate aus Umweltproben. Auch Typ-3-Fimbrien kommen vor, sie vermitteln die Anheftung der Bakterien an das pflanzliche Wurzelsystem, sowie beim Menschen an Endothelzellen, Epithelzellen der Lungenbläschen und der ableitenden Harnwege und an das Kollagen Typ V. Welche Rolle die Typ-3-Fimbrien bei der Infektion von Menschen spielen, ist noch Gegenstand der Forschung. Es wird vermutet, dass sie für die Kolonisation von invasiven medizinischen Geräten, die über eine längere Zeit im Körper verbleiben, verantwortlich sind.

Die Lipopolysaccharide (LPS) der Äußeren Membran wirken als Antigene, die nach außen gerichteten Polysaccharidketten werden als O-Antigene bezeichnet (man vergleiche das bei den Salmonellen angewendete Kauffmann-White-Schema). K. pneumoniae besitzt neun verschiedene O-Antigene, wobei O1 am häufigsten vorkommt. Die O-Antigene stören ebenfalls die Reaktionskaskade des Komplementsystems. Außerdem ist O1 an der Nekrose von infiziertem Gewebe beteiligt. Auch die bakteriellen Siderophore sind für die Pathogenität von Bedeutung. Sie dienen dazu, die Zellen mit für den Stoffwechsel essentiellen Eisen-Ionen zu versorgen, indem sie Fe3+-Ionen binden. K. pneumoniae bildet Enterobactin (Enterochelin), während nur einige Stämme zusätzlich noch Aerobactin produzieren. Bei den Serotypen K1 und K2 hat man ein Plasmid gefunden, auf dem die genetische Information für das Hydroxamat Aerobactin codiert ist. Werden diese Gene in einen Stamm ohne Plasmid mit Hilfe der Transformation übertragen, so weisen die transformierten Zellen eine um den Faktor 100 gesteigerte Virulenz auf. Auch Yersiniabactin, ein für Yersinia-Arten typisches Siderophor wird von einigen Stämmen gebildet.

Biochemische NachweiseBearbeiten

→ Hauptartikel: Biochemische Nachweise von K. aerogenes und verwandten Arten

K. pneumoniae ist nah mit K. aerogenes (früher in die Gattung Enterobacter gestellt) und Enterobacter cloacae verwandt. Die Bakterien zeigen eine ausgesprochene Vielseitigkeit in Bezug auf die Verwertung diverser Kohlenhydrate und weisen bis auf wenige Ausnahmen gleiche biochemische Merkmale auf, wie beispielsweise die vorhandenen Enzyme und die daraus resultierenden Stoffwechseleigenschaften.

Vertreter der Gattung Klebsiella führen als typische Gärung die 2,3-Butandiol-Gärung zur Energiegewinnung durch, im Voges-Proskauer-Test wird Acetoin, ein Zwischenprodukt der 2,3-Butandiol-Gärung, nachgewiesen. Vertreter der verwandten Gattungen Enterobacter und Klebsiella reagieren hierbei positiv. Dies gilt prinzipiell auch für K. pneumoniae, allerdings zeigen die Subspezies oder einzelne Bakterienstämme unterschiedliche Reaktionen, also auch ein negatives Ergebnis im VP-Test. Der Typusstamm DSM 30104 ist im Gegensatz zur Beschreibung der Art VP-negativ (produziert also kein Acetoin aus Pyruvat), dafür zeigt er im Methylrot-Test ein positives Ergebnis, was typisch für Vertreter der gemischten Säuregärung ist. Diese Unterschiede im physiologischen Phänotyp spiegeln die genetische Diversität der Bakterienart wider. Auch weitere biochemische Merkmale sind innerhalb der Art nicht eindeutig festzulegen. So ist der Indol-Test als Unterscheidungsmerkmal zwischen K. pneumoniae (Indol-negativ) und Klebsiella oxytoca (Indol-positiv) grundsätzlich geeignet, allerdings gibt es auch einige Indol-positive Stämme von K. pneumoniae.

Weitere NachweiseBearbeiten

Anstatt das Bakterium nachzuweisen, beschränkt man sich oft auf die Bestimmung des Serotyps oder den Nachweis einzelner Virulenzfaktoren oder Resistenzgene. Die K- und O-Antigene können sowohl „konventionell“ serologisch (in der englischsprachigen Literatur als serotyping bezeichnet) wie seit Verbreitung der molekularbiologischen Methoden auch durch diese bestimmt werden, beispielsweise mit Hilfe der Multi-Locus Sequenzanalyse (MLSA). Durch Vergleich mit den zahlreichen sequenzierten Genomen der Art konnte gezeigt werden, dass bei Stämmen mit den Kapsel-Antigenen K1 oder K2 fast immer der Serotyp O1 auftritt. Die Serotypen K1 und K2 werden als hypervirulent angesehen. Die Bestimmung der Kapsel-Antigene kann ebenfalls durch die Multiplex-PCR (es wird mehr als ein Genomabschnitt nachgewiesen) und die Pulsed-Field-Gelelektrophorese (PFGE) erfolgen.

Die Identifizierung mit Hilfe der MALDI-TOF-Methode in Kombination mit Massenspektrometrie (MS) ist grundsätzlich geeignet, Klebsiella nachzuweisen, ist aber nicht immer zuverlässig in Bezug auf die Unterscheidung nah verwandter Gattungen, beispielsweise zu Raoultella. Die Spektren vieler gramnegativer Spezies, die zu den Enterobakterien gehören, zeigen eine große Übereinstimmung (Stand 2013), was die Identifizierung erschwert. Eine andere systematische Untersuchung von in einer flüssigen, bluthaltigen Nährlösung kultivierten Bakterien zeigte, dass insbesondere Bakterien mit einer Kapsel nicht korrekt identifiziert werden. Hingegen kann beim Nachweis der Antibiotikaresistenz MALDI-TOF angewendet werden, um das Fehlen oder verringerte Vorhandensein von Proteinen in der äußeren Membran (englisch: outer membrane proteins, OMP) zu detektieren. Bei K. pneumoniae ist hier OmpK36 von Bedeutung, ein wichtiges Membranporin, durch das β-Lactam-Antibiotika in die Zelle gelangen. Bei resistenten Stämmen fehlt es oder wird in geringer Zahl ausgebildet.

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